LokalesDienstag, 18.01.2011 | Ingolstadt | 6984 Views
Neujahrsempfang Stadt Ingolstadt
Oberbürgermeister Dr. Alfred Lehmann begrüßte gestern im Stadttheater über 1.300 geladene Gäste persönlich und hatte für jeden Gast ein nettes Wort auf den Lippen.
Nach der Begrüßung nahmen die Gäste im Festsaal Platz und konnten den neuen ImageFilm der Stadt Ingolstadt bewundern.
Hier die Rede und des Oberbürgermeisters:
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Gäste,
ich freue mich, dass Sie meiner Einladung zum heutigen Neujahrsempfang gefolgt sind und darf Sie im Namen der Stadt Ingolstadt, des gesamten Stadtrats und auch persönlich herzlich begrüßen. Ich sehe in Ihrer Anwesenheit auch den Ausdruck Ihres Interesses und Ihrer Verbundenheit mit unserer Stadt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
im vergangenen Jahr habe ich die Rede zum Neujahrsempfang mit den Worten begonnen: „Wir leben in nicht ganz einfachen Zeiten, auch wenn objektiv betrachtet die Zeiten schon sehr viel schlechter waren.“ Die öffentliche Diskussion vor einem Jahr war begleitet von Schreckensnachrichten von den internationalen Finanzmärkten. Die weltweite Talfahrt der Aktienkurse wurde gerne kommentiert, der drohende Bankrott ganzer Branchen angekündigt, und die Rede war von deutschen Kommunen, die kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stünden und es wurden von Fachleuten bis zu fünf Millionen Arbeitslose prognostiziert.
Angesichts der damals vorliegenden Vorhersagen und Finanzdaten, insbesondere auch der Steuerschätzungen, hat der Stadtrat der Stadt Ingolstadt für das Jahr 2010 nicht etwa einen restriktiven Spar-Haushalt beschlossen, sondern einen zukunftsorientierten und innovativen Haushalt aufgestellt. Er hat insbesondere hohe Investitionen zur Stabilisierung der lokalen und regionalen Wirtschaft beschlossen. Dies hat unser Handwerk und unsere Dienstleistungsunternehmen gestärkt und damit einen wichtigen Impuls zur Stabilisierung unseres Arbeitsmarktes bewirkt.
Es hat im städtischen Haushalt auch bei den freiwilligen Leistungen für kulturelle, soziale, ökologische und sportliche Organisationen so gut wie keine Abstriche gegeben.
Das war die Ingolstädter Antwort auf die Wirtschafts- und Finanzkrise 2010. Wir haben uns nicht zyklisch verhalten, wie fast alle anderen Gebietskörperschaften, sondern so wie es die Wirtschaftswissenschaftler empfehlen: antizyklisch.
Heute haben sich die dunklen Wolken einer weltweiten Finanzkrise gelichtet. Deutschland hat die Krise - auch durch kluge politische Entscheidungen, wie die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes oder die Abwrackprämie - besser gemeistert als die meisten anderen Länder. Und Ingolstadt ist besser durch die Krise gekommen als nahezu alle anderen deutschen Kommunen.
Insoweit war im letzten Dezember eine ganz andere Basis für den städtischen Haushalt des Jahres 2011 gegeben als im Vorjahr. Auch der Haushalt 2011 ist im Übrigen ein Haushalt ganz im Sinne der Verantwortung für die nachfolgenden Generationen. Denn bei uns ist dies bereits das fünfte Haushaltsjahr in Folge ohne Netto-Neuverschuldung. Man spricht in der Politik viel von Nachhaltigkeit. Unsere Finanzpolitik ist für mich eine wahrhaft nachhaltige Kommunalpolitik!
Damit schafften wir eine ganz wesentliche Voraussetzung für eine weiterhin positive Entwicklung unserer Stadt. Und das sehe nicht nur ich so.
Liebe Gäste,
Sie wissen alle, dass es bei mir nicht ohne Rankings geht. Ich halte es jedenfalls für hoch erfreulich, wenn im sogenannten Zukunftsatlas Deutschland 2010 von Prognos festgestellt wird, dass unter 412 Landkreisen und Großstädten im Bundesgebiet unser Ingolstadt auf Platz sechs rangiert. Ingolstadt wird damit unter die Orte eingereiht, denen eine „Top Zukunfts-Chance“ bestätigt wird. Und ich freue mich ganz ehrlich darüber, weil für Sie, Ihre Kinder, Ihre Enkel, positive Perspektiven vor Ort - in Ingolstadt - gegeben sind und nicht nur irgendwo auf der Welt. Ich freue mich, dass Ihre Immobilien deshalb werthaltig sind und bei uns die Preise für Immobilien - die ja für viele Menschen ein wesentlicher Teil der Altersversorgung sind - nicht verfallen.
Das und vieles mehr über die Lebensbedingungen in Ingolstadt sagen uns diese deutschlandweiten Vergleichszahlen, und deshalb können wir uns alle darüber freuen. Und ich freue mich auch über die Kommentierung, die dies im Donaukurier gefunden hat. Dort heißt es, dieses gute Abschneiden Ingolstadts sei keine Überraschung, sondern eine eindrucksvolle Bestätigung dessen gewesen, was sich seit Jahren in unterschiedlichen Studien abzeichnet: Der Raum Ingolstadt sei eine Boomregion in Deutschland und er habe seine Zukunftschancen noch weiter verbessert. Wörtlich heißt es: „Zuzuschreiben haben sich den Erfolg Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften. Sie haben gemeinsam in der Region ein Netzwerk geschaffen, in dem konstruktive, innovative Lösungen im Vordergrund stehen.“ Der Donaukurier fügt an: „Weiter so!“
Damit könnte ich, meine sehr verehrten Damen und Herrn, mit der Rede zum Neujahrsempfang jetzt langsam zum Ende kommen und Sie bitten, miteinander auf unseren Erfolg anzustoßen. Aber ganz so leicht möchte ich es uns doch nicht machen.
Ich möchte nämlich auch auf ein Thema eingehen, das derzeit in vielen Diskussionen und Medienberichten behandelt wird. Es geht um die Stimmung in Deutschland.
Es gibt ja offensichtlich vielfältige Bemühungen um eine erfolgreiche Modernisierung unseres Landes bezüglich der Infrastruktur, der Bildung und der Wissenschaften. Die Globalisierung und die Internationalisierung bieten neue Chancen und Perspektiven und man könnte meinen, dass dies zu einer optimistischen, positiven Grundstimmung führt.
Diesen Veränderungen steht aber eine große Zahl von Bürgerinnen und Bürgern skeptisch bis ablehnend gegenüber. Bürger, die sich ins Private zurückziehen und sich von der Politik abwenden, aber auch von wesentlichen gesellschaftlichen Gruppierungen in unserem Lande, von Kirchen, Parteien, Vereinen und Gewerkschaften. Die Zustimmung zur sozialen Marktwirtschaft, ja selbst zur Demokratie sinkt und viele Menschen fühlen sich in unserem Gemeinwesen nicht mehr wohl und beheimatet. Das sind Bürgerinnen und Bürger, die sich zum Teil gegen vorhandene Strukturen wehren. Sie wehren sich aber auch gegen demokratisch zu Stande gekommene Entscheidungen zu Veränderungen.
Dieser Eindruck könnte zumindest entstehen, wenn man Themen betrachtet, wie Stuttgart 21. Der Spiegel spricht von einer „bürgerlichen Revolte“ und von „Wut-Bürgern“ und die Frankfurter Allgemeine Zeitung von „Konservativen, die rebellieren“. Und der Begriff des Wut-Bürgers ist sogar zum Wort des Jahres gewählt worden.
Irgendjemand hat gezählt, dass seit dem Jahr 2000 bereits mehr Protestbewegungen entstanden sind, als in den 30 Jahren zuvor. Auf lokaler Ebene werden zu fast jeder Fragestellung Unterschriften gesammelt und im Rathaus abgegeben. Selbst Chancen, die vor Jahren noch völlig einmütig als solche wahrgenommen wurden, wie z.B. die Durchführung eines der größten Sportereignisse der Welt, dem Ryder Cup in der Region, lösen vor Ort Widerstand und die Gründung einer Bürgerinitiative aus.
Es gibt aber auch viele Menschen, die genau dieser Entwicklung in unserem Land mit großem Unverständnis zusehen. Vor allem solche, die viel im Ausland reisen und sehen, wie dort Hochhäuser, Autobahnen, Kraftwerke und Brücken aus dem Boden wachsen. Sie erleben Länder mit rasanter Entwicklung. In Deutschland, so scheint es ihnen, wird gegen alles protestiert: Umgehungsstraßen, Windräder, Energietrassen und Bahnhöfe. Und sie fragen sich: Kommt in Deutschland vieles zum Stillstand? Gerät unser Land damit nicht ins Hintertreffen? Fallen wir zurück und überholen uns die anderen?
Gelegentlich hat man den Einruck, beide Denkansätze stehen sich unversöhnbar und unvereinbar gegenüber.
Ich meine:
In unserem freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaat müssen wir den Versuch unternehmen, beide Lebensformen zu respektieren, auch wenn es in der Regel nicht gelingen wird, sie zum Ausgleich zu bringen. Wir müssen dennoch Wege finden, dass die demokratisch zu Stande gekommenen Entscheidungen respektiert werden. Nur im autoritären Staat gibt es eine einzige Vision der Zukunft. Die Demokratie sieht eine Vielzahl von Möglichkeiten vor und Bewahrung hat ebenso wie Fortschritt seine Berechtigung.
Tatsache aber ist auch: während Frankreich sich mit der Atomkraft offenbar wohlfühlt, die Schweden ihren Behörden vertrauen und in vielen Teilen der Welt Aufbruchstimmung herrscht, macht sich in Deutschland Skepsis breit. In der deutschen Diskussion überwiegt die Angst vor dem Risiko. Bei jedem Vorschlag wird sofort nach den Bedenken gefragt. Es werden intensiv Szenarien erörtert, die nicht nur negativ sondern auch höchst unwahrscheinlich sind, die sogenannten worst-case-Szenarien. Und wer das Haar in der Suppe gefunden hat, meldet sich lautstark in der öffentlichen Diskussion, in der diese Position medial noch verstärkt wird. Und die Parteien, die in der Opposition sind und grundsätzlich dagegen sind, erfahren - zumindest in den Umfragen - am meisten Zustimmung. Dagegen sein ist „in“ in Deutschland und nur derjenige, der nichts voranbringt, hat in Deutschland keinen Gegenwind. Und wer nichts verändern will, erfährt am ehesten Zustimmung.
Wo kommt aber dieses ganze Unbehagen her?
Es heißt, die Menschen verstehen den Wandel und den Fortschritt nicht mehr, es gehe ihnen zu schnell.
Im Allgemeinen reden viele vom Wandel und wie darauf zu reagieren ist - vom demographischen Wandel, vom Klimawandel. Im Rahmen der Kulturhauptstadt an der Ruhr hieß es „Wandel durch Kultur, Kultur durch Wandel“. Es gibt den wirtschaftlichen Wandel, den technologischen Wandel, den sozialen Wandel, es gibt die Veränderungen von Moral und Anstand. Es gibt vor allem auch den Wertewandel.
Das alles scheint den Menschen eher Angst zu machen. Ausgerechnet heute, wo viele in Deutschland in einem bislang ungekannten Wohlstand und Überfluss leben, in einem Rechtsstaat ohne Kriegsgefahr im eigenen Land und in sozialer Sicherheit und bester Gesundheitsversorgung, findet man fast archaische Ängste vor der Zukunft. Die „gute alte Zeit“ wird beschworen und verklärt. Und man kann nur jeden beglückwünschen, dass er nicht in dieser sogenannten „guten alten Zeit“ leben muss.
Ich glaube fest, dass es keinen Sinn macht, den Wandel aufhalten zu wollen. Es kommt entschieden darauf an, ihn zu erkennen, auszudiskutieren und ihn dann positiv zu begleiten und zu gestalten.
Nun gehen Wandel und Krisen oft einher und sie werfen auch Fragen zur sozialen und wirtschaftlichen Sicherheit und Gerechtigkeit auf. So geht es etwa beim wirtschaftlichen Wandel nicht allein um Stabilität oder Wachstum. Es geht auch um wirtschaftliche Sicherheit, um unbefristete Arbeitsverhältnisse, um Mindesteinkommen und sichere Altersversorgung. Wirtschaft ist kein Selbstzweck, sondern es geht um die Menschen.
Bei der Suche nach einer gerechten Ausgestaltung des Miteinanders, bedarf es eines Kompasses. In unserer Gesellschaft sind das die unantastbare Würde und die Freiheit des Menschen.
Bei allem Wandel geht es daher immer um die zentrale Frage: was fördert den Menschen. Der Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft ist daran zu messen, ob er der Würde und der Freiheit des Menschen und seiner sozialen Sicherheit dient.
Und wer sich die Mühe macht, in die Geschichte zurück zu blicken, kann feststellen, dass es der europäischen Kultur in den zurückliegenden Zeiten immer wieder gelungen ist, den Wandel zu begleiten, und die Lebenssituation und die Lebensqualität der Menschen in allen Bereichen zu verbessern.
Ich glaube, wenn man sich am Menschenbild des Grundgesetzes orientiert und daran die Auswirkungen und Formen des gesellschaftlichen Wandels prüft, wenn man also Menschenwürde, Freiheit und Solidarität zu Grunde legt, braucht man vor dem gesellschaftlichen Wandel keine Angst zu haben und kann ihn unaufgeregt begleiten.
Ich würde sogar noch weiter gehen: Es ist Aufgabe einer verantwortlichen Politik den Wandel zu fördern - und überall dort, wo ein Politiker Zuständigkeit hat, die Gesellschaft für die Zukunft tauglich und wetterfest zu machen. Und es ist die Aufgabe der Politik, die Menschen auf diesen Weg mitzunehmen, vielleicht intensiver und ausführlicher als das in der Vergangenheit üblicherweise praktiziert wurde.
Die Gestaltung der Zukunft ist aber ein Gemeinschaftswerk - man kann es nicht allein der Politik aufbürden. Wer die Mitverantwortung der Zivilgesellschaft einfordert, muss auch bereit sein, die damit verbundenen Anstrengungen zu schultern. Die Bürgerinnen und Bürger wollen mehr Partizipation. Dass derzeit Proteste allerorts zunehmen, lässt den Schluss zu, dass der bislang übliche Instanzenweg, der ja eine Bürgerbeteiligung vorsieht, nicht ausreichend ist.
Der Aufbruch in eine - wie manche sagen - neue Diskussionskultur verlangt auch, dass man die damit einhergehenden Debatten und den Meinungsstreit nicht wenigen besonders Engagierten und Interessierten überlässt. Es entsteht sonst der Eindruck, dass diese kritischen, engagierten Bürger die Interessen aller Bürger vertreten. Das ist aber sehr oft nicht richtig. Entscheidend ist deshalb, dass sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger mit den aktuellen Themen befassen und sich in die Diskussion einbringen. Alle hier im Saal sind dazu nicht nur aufgerufen, sondern auch besonders befähigt und geeignet dafür. Deshalb bitte ich Sie ausdrücklich: Bringen Sie sich ein und lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft unserer Stadt und unserer Region gestalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
lassen Sie mich zu einigen Ingolstädter Themen zurückkehren.
Ich habe vorhin von der Sonderentwicklung gesprochen, die unsere Stadt und unsere Region in Deutschland genommen haben und die wir alle gemeinsam auf den Weg gebracht haben.
Dass die Ingolstädter Wirtschaft, die die Basis unserer kulturellen, sozialen, ökologischen Entwicklung ist, so gut läuft, verdanken wir unseren tüchtigen Unternehmen - allen voran AUDI - und unseren Mittelständlern, aber auch unseren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie einer wirtschaftsfreundlichen Kommunalpolitik. Ich stehe für eine wirtschaftsfreundliche Stadtverwaltung, die Ideen und Initiativen nicht behindert, sondern unterstützt und begleitet. Und die Stadt Ingolstadt setzt durch ihre Investitionen selbst wirtschaftliche Akzente: So planen wir zusammen mit unseren Tochtergesellschaften dieses Jahr Investitionen von rund 150 Millionen Euro.
Lassen Sie mich stichwortartig einige Baustellen in unserem Stadtgebiet ansprechen. Da steht an erster Stelle das Güterverkehrszentrum, in dem in naher Zukunft fast 5000 Menschen arbeiten. Wir haben eine Großbaustelle am Hauptbahnhof. Der Nordbahnhof bekommt ein neues Gesicht. Besonders wichtige Akzente für die Stadtentwicklung werden auf dem Gießereigelände gesetzt mit dem Bau eines Hotels und eines Kongresszentrums sowie der Errichtung eines Seminargebäudes für die Audi-Akademie und der Erweiterung der Hochschule für angewandte Wissenschaften.
Dass wir im Bereich der Museumsplanung erfolgreich unterwegs sind, haben Sie sicherlich der Debatte in den Medien entnommen. Es geht dabei um die Nutzung der Kanonengießereihalle für das Museum für konkrete Kunst und Design, und die Nutzung des Kavalier Dallwigk für das Donau Museum. Aber auch in Sachen Neugestaltung des Medizinhistorischen Museums kommen wir voran, so dass wir in wenigen Jahren auch als Museumsstadt verstärkt wahrgenommen werden.
Eine Vielzahl von Maßnahmen ist darauf gerichtet, die Attraktivität der Altstadt zu steigern, ob es sich nun um das Programm der Altstadtstraßensanierung handelt, die neuen Pläne zur Beleuchtung und Möblierung der Fußgängerzone oder um das Leerstandsmanagement.
Wir führen eine Vielzahl von Projekten aus dem Bereich der Ökologie, des Natur- und Umweltschutzes aus, wie z. B. die Donaudynamisierung zwischen Neuburg und Ingolstadt oder unser Aufforstungsprogramm, das zu einer deutlichen Zunahme unseres Waldbestandes führt.
Wir erleben eine überaus dynamische Entwicklung unseres Klinikums mit immer neuen Zentren und Spezialisierungen im Interesse unserer Patienten.
Und unvermindert steht die Schulpolitik im Fokus der Aufmerksamkeit des Stadtrats und der Öffentlichkeit. Wir haben das Sonderpädagogische Förderzentrum an der Permoser Straße mit der Petrus-Canisius-Schule und der Don-Bosco-Schule im vergangenen Jahr abgeschlossen. Gemeinsam mit dem Landkreis Eichstätt wurde ein neues Gymnasium in Gaimersheim errichtet. Wir sind mit den Erweiterungsbauten am Reuchlin-Gymnasium fertig und schließen gerade den Neubau am Katharinen-Gymnasium ab. Und wir haben viele Grund-, Mittel- und Realschulen saniert und setzen diese Aktivitäten intensiv fort, um unseren Kindern beste Bildungsmöglichkeiten zu bieten.
Auch widmeten wir uns in den vergangenen Jahren sehr intensiv dem Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und werden dies auch in Zukunft tun.
Dass wir hohen Zuzug haben und die Stadt nach wie vor wächst, hat die Tatsache gezeigt, dass wir 2010 den 125.000 Ingolstädter begrüßen konnten. Das spricht für die Attraktivität und die Dynamik dieser Stadt. Deshalb haben wir in einem Sonderprogramm Bauflächen für unsere Familien ausgewiesen. Auch Grundstücke wie das nördliche Pioniergelände, das Ingobräugelände oder das alte Krankenhaus werden zukünftig für hochwertigen Wohnungsbau genutzt. Wir bauen Sozialwohnungen wie kaum eine andere Stadt und nutzen freie Bauflächen in vorhandenen Baugebieten. Es ist durchaus verständlich, wenn angesichts einer solchen Dynamik der eine oder die andere sich um die Identität unserer Stadt sorgt.
Ich komme damit zurück auf die Thematik des Wandels und des damit verbundenen Protestes.
Wenn ich all diese Maßnahmen gerade angesprochen habe, die in unserer Stadt laufen, und es sind bei weitem nicht alle, dann um Ihnen das Bemühen zu zeigen, unsere Stadt für die Zukunft fit zu machen. Es darf in einer Stadt keine Stagnation geben. Das würde in vielen Bereichen zu Rückschritten führen. Deshalb muss auch Verständnis für den Wandel aufgebracht werden. Wir müssen uns aber gleichzeitig auch alle fragen: Was macht die Identität unserer Stadt aus? Und wie können wir sie stärken?
Die Politik ist dann in der Versuchung, so wie ich es eben getan habe, alle großen Projekte und Maßnahmen aufzulisten. Das allein reicht aber nicht. Wichtig ist es mir deshalb zu erläutern, dass wir in Ingolstadt stets daran arbeiten, die Identität unserer Stadt zu bewahren. So haben wir beispielsweise unsere alten Traditionen mit Universität und Militär wieder aufgenommen und zwar mit der Pionierschule sowie der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und der Hochschule für angewandte Wissenschaften. Es gibt weitere Ansatzpunkte, etwa unsere Industriegeschichte, unsere historische Altstadt oder ganz wichtig: die Donau.
Wir sollten alle gemeinsam, nicht nur die Politik, auch die Wirtschaft, auch die Vereine und Verbände deutlich machen, worin wir die Identität unserer Stadt sehen, wie wir sie stärken können und wie wir mit ihr in Zukunft umgehen wollen.
Ich habe bereits vor einem Jahr explizit darauf hingewiesen, dass mir das menschliche Klima in unserer Stadt, der gegenseitige Respekt und ein gewisses Gefühl für den angemessenen Umgang miteinander besonders wichtig sind. Auch das hat mit der Identität unserer Stadt zu tun. In einer Stadt mit vielen Fremden und einem Anteil von über 35 % von Menschen mit Migrationshintergrund ist der Umgang miteinander von herausragender Bedeutung. Deshalb müssen wir gemeinsam darauf achten, dass wir uns dieses spezielle Ingolstädter Klima einer guten Nachbarschaft erhalten.
Daneben wollen wir gemeinsam die Kraft mobilisieren, um allen Bürgerinnen und Bürgern Wohlstand und eine gute Lebensqualität zu ermöglichen.
Wenn vor wenigen Tagen die Wirtschaftswoche unter der Schlagzeile Deutschlands Städte im Test, die 100 größten Städte in Deutschland analysiert und bewertet hat, und Ingolstadt auf Platz zwei landet, dann hat das, was dieser Bewertung zu Grunde liegt, für fast alle Bürgerinnen und Bürger Auswirkungen. Aber wir sind es gewohnt, besonders gut abzuschneiden bei Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum, bei Lehrstellen, innerer Sicherheit und Umweltschutz usw., usw. Interessant ist aber die von der Wirtschaftswoche aufgeworfene Frage, „wo die Deutschen am liebsten leben“...? Richtig, auf Platz eins landet München. Und Ingolstadt? Wie steht es mit unserem Image? Hat unsere Stadt Attraktivität?
Wir landen vor Köln, vor Düsseldorf, vor Heidelberg, Hamburg, Berlin, vor Weimar, Passau und Würzburg auf Platz 11. Sehr, sehr viele Deutsche würden gerne in unserer historischen, dynamischen und erfolgreichen Stadt leben. Und die Ingolstädter? Manche granteln und kritisieren, andere jammern und spotten - aber ganz tief in ihrem Herzen wissen sie alle, was sie an Ingolstadt haben und sie lieben ihr Ingolstadt.
Liebe Gäste,
vielleicht habe ich Ihnen damit den einen oder anderen Anstoß zum Nachdenken über die Zukunft unserer Stadt geliefert.
Auf jeden Fall aber würde ich mich jetzt freuen, wenn wir bei den anschließenden Gesprächen unter vier, sechs oder acht Augen die eine oder andere gute Idee für Ingolstadt erfinden oder debattieren könnten - ein Glas in der Hand und auf Ingolstadt anstoßend.
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Hier der ImageFilm der Stadt Ingolstadt
Nach der Begrüßung nahmen die Gäste im Festsaal Platz und konnten den neuen ImageFilm der Stadt Ingolstadt bewundern.
Hier die Rede und des Oberbürgermeisters:
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Gäste,
ich freue mich, dass Sie meiner Einladung zum heutigen Neujahrsempfang gefolgt sind und darf Sie im Namen der Stadt Ingolstadt, des gesamten Stadtrats und auch persönlich herzlich begrüßen. Ich sehe in Ihrer Anwesenheit auch den Ausdruck Ihres Interesses und Ihrer Verbundenheit mit unserer Stadt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
im vergangenen Jahr habe ich die Rede zum Neujahrsempfang mit den Worten begonnen: „Wir leben in nicht ganz einfachen Zeiten, auch wenn objektiv betrachtet die Zeiten schon sehr viel schlechter waren.“ Die öffentliche Diskussion vor einem Jahr war begleitet von Schreckensnachrichten von den internationalen Finanzmärkten. Die weltweite Talfahrt der Aktienkurse wurde gerne kommentiert, der drohende Bankrott ganzer Branchen angekündigt, und die Rede war von deutschen Kommunen, die kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stünden und es wurden von Fachleuten bis zu fünf Millionen Arbeitslose prognostiziert.
Angesichts der damals vorliegenden Vorhersagen und Finanzdaten, insbesondere auch der Steuerschätzungen, hat der Stadtrat der Stadt Ingolstadt für das Jahr 2010 nicht etwa einen restriktiven Spar-Haushalt beschlossen, sondern einen zukunftsorientierten und innovativen Haushalt aufgestellt. Er hat insbesondere hohe Investitionen zur Stabilisierung der lokalen und regionalen Wirtschaft beschlossen. Dies hat unser Handwerk und unsere Dienstleistungsunternehmen gestärkt und damit einen wichtigen Impuls zur Stabilisierung unseres Arbeitsmarktes bewirkt.
Es hat im städtischen Haushalt auch bei den freiwilligen Leistungen für kulturelle, soziale, ökologische und sportliche Organisationen so gut wie keine Abstriche gegeben.
Das war die Ingolstädter Antwort auf die Wirtschafts- und Finanzkrise 2010. Wir haben uns nicht zyklisch verhalten, wie fast alle anderen Gebietskörperschaften, sondern so wie es die Wirtschaftswissenschaftler empfehlen: antizyklisch.
Heute haben sich die dunklen Wolken einer weltweiten Finanzkrise gelichtet. Deutschland hat die Krise - auch durch kluge politische Entscheidungen, wie die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes oder die Abwrackprämie - besser gemeistert als die meisten anderen Länder. Und Ingolstadt ist besser durch die Krise gekommen als nahezu alle anderen deutschen Kommunen.
Insoweit war im letzten Dezember eine ganz andere Basis für den städtischen Haushalt des Jahres 2011 gegeben als im Vorjahr. Auch der Haushalt 2011 ist im Übrigen ein Haushalt ganz im Sinne der Verantwortung für die nachfolgenden Generationen. Denn bei uns ist dies bereits das fünfte Haushaltsjahr in Folge ohne Netto-Neuverschuldung. Man spricht in der Politik viel von Nachhaltigkeit. Unsere Finanzpolitik ist für mich eine wahrhaft nachhaltige Kommunalpolitik!
Damit schafften wir eine ganz wesentliche Voraussetzung für eine weiterhin positive Entwicklung unserer Stadt. Und das sehe nicht nur ich so.
Liebe Gäste,
Sie wissen alle, dass es bei mir nicht ohne Rankings geht. Ich halte es jedenfalls für hoch erfreulich, wenn im sogenannten Zukunftsatlas Deutschland 2010 von Prognos festgestellt wird, dass unter 412 Landkreisen und Großstädten im Bundesgebiet unser Ingolstadt auf Platz sechs rangiert. Ingolstadt wird damit unter die Orte eingereiht, denen eine „Top Zukunfts-Chance“ bestätigt wird. Und ich freue mich ganz ehrlich darüber, weil für Sie, Ihre Kinder, Ihre Enkel, positive Perspektiven vor Ort - in Ingolstadt - gegeben sind und nicht nur irgendwo auf der Welt. Ich freue mich, dass Ihre Immobilien deshalb werthaltig sind und bei uns die Preise für Immobilien - die ja für viele Menschen ein wesentlicher Teil der Altersversorgung sind - nicht verfallen.
Das und vieles mehr über die Lebensbedingungen in Ingolstadt sagen uns diese deutschlandweiten Vergleichszahlen, und deshalb können wir uns alle darüber freuen. Und ich freue mich auch über die Kommentierung, die dies im Donaukurier gefunden hat. Dort heißt es, dieses gute Abschneiden Ingolstadts sei keine Überraschung, sondern eine eindrucksvolle Bestätigung dessen gewesen, was sich seit Jahren in unterschiedlichen Studien abzeichnet: Der Raum Ingolstadt sei eine Boomregion in Deutschland und er habe seine Zukunftschancen noch weiter verbessert. Wörtlich heißt es: „Zuzuschreiben haben sich den Erfolg Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften. Sie haben gemeinsam in der Region ein Netzwerk geschaffen, in dem konstruktive, innovative Lösungen im Vordergrund stehen.“ Der Donaukurier fügt an: „Weiter so!“
Damit könnte ich, meine sehr verehrten Damen und Herrn, mit der Rede zum Neujahrsempfang jetzt langsam zum Ende kommen und Sie bitten, miteinander auf unseren Erfolg anzustoßen. Aber ganz so leicht möchte ich es uns doch nicht machen.
Ich möchte nämlich auch auf ein Thema eingehen, das derzeit in vielen Diskussionen und Medienberichten behandelt wird. Es geht um die Stimmung in Deutschland.
Es gibt ja offensichtlich vielfältige Bemühungen um eine erfolgreiche Modernisierung unseres Landes bezüglich der Infrastruktur, der Bildung und der Wissenschaften. Die Globalisierung und die Internationalisierung bieten neue Chancen und Perspektiven und man könnte meinen, dass dies zu einer optimistischen, positiven Grundstimmung führt.
Diesen Veränderungen steht aber eine große Zahl von Bürgerinnen und Bürgern skeptisch bis ablehnend gegenüber. Bürger, die sich ins Private zurückziehen und sich von der Politik abwenden, aber auch von wesentlichen gesellschaftlichen Gruppierungen in unserem Lande, von Kirchen, Parteien, Vereinen und Gewerkschaften. Die Zustimmung zur sozialen Marktwirtschaft, ja selbst zur Demokratie sinkt und viele Menschen fühlen sich in unserem Gemeinwesen nicht mehr wohl und beheimatet. Das sind Bürgerinnen und Bürger, die sich zum Teil gegen vorhandene Strukturen wehren. Sie wehren sich aber auch gegen demokratisch zu Stande gekommene Entscheidungen zu Veränderungen.
Dieser Eindruck könnte zumindest entstehen, wenn man Themen betrachtet, wie Stuttgart 21. Der Spiegel spricht von einer „bürgerlichen Revolte“ und von „Wut-Bürgern“ und die Frankfurter Allgemeine Zeitung von „Konservativen, die rebellieren“. Und der Begriff des Wut-Bürgers ist sogar zum Wort des Jahres gewählt worden.
Irgendjemand hat gezählt, dass seit dem Jahr 2000 bereits mehr Protestbewegungen entstanden sind, als in den 30 Jahren zuvor. Auf lokaler Ebene werden zu fast jeder Fragestellung Unterschriften gesammelt und im Rathaus abgegeben. Selbst Chancen, die vor Jahren noch völlig einmütig als solche wahrgenommen wurden, wie z.B. die Durchführung eines der größten Sportereignisse der Welt, dem Ryder Cup in der Region, lösen vor Ort Widerstand und die Gründung einer Bürgerinitiative aus.
Es gibt aber auch viele Menschen, die genau dieser Entwicklung in unserem Land mit großem Unverständnis zusehen. Vor allem solche, die viel im Ausland reisen und sehen, wie dort Hochhäuser, Autobahnen, Kraftwerke und Brücken aus dem Boden wachsen. Sie erleben Länder mit rasanter Entwicklung. In Deutschland, so scheint es ihnen, wird gegen alles protestiert: Umgehungsstraßen, Windräder, Energietrassen und Bahnhöfe. Und sie fragen sich: Kommt in Deutschland vieles zum Stillstand? Gerät unser Land damit nicht ins Hintertreffen? Fallen wir zurück und überholen uns die anderen?
Gelegentlich hat man den Einruck, beide Denkansätze stehen sich unversöhnbar und unvereinbar gegenüber.
Ich meine:
In unserem freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaat müssen wir den Versuch unternehmen, beide Lebensformen zu respektieren, auch wenn es in der Regel nicht gelingen wird, sie zum Ausgleich zu bringen. Wir müssen dennoch Wege finden, dass die demokratisch zu Stande gekommenen Entscheidungen respektiert werden. Nur im autoritären Staat gibt es eine einzige Vision der Zukunft. Die Demokratie sieht eine Vielzahl von Möglichkeiten vor und Bewahrung hat ebenso wie Fortschritt seine Berechtigung.
Tatsache aber ist auch: während Frankreich sich mit der Atomkraft offenbar wohlfühlt, die Schweden ihren Behörden vertrauen und in vielen Teilen der Welt Aufbruchstimmung herrscht, macht sich in Deutschland Skepsis breit. In der deutschen Diskussion überwiegt die Angst vor dem Risiko. Bei jedem Vorschlag wird sofort nach den Bedenken gefragt. Es werden intensiv Szenarien erörtert, die nicht nur negativ sondern auch höchst unwahrscheinlich sind, die sogenannten worst-case-Szenarien. Und wer das Haar in der Suppe gefunden hat, meldet sich lautstark in der öffentlichen Diskussion, in der diese Position medial noch verstärkt wird. Und die Parteien, die in der Opposition sind und grundsätzlich dagegen sind, erfahren - zumindest in den Umfragen - am meisten Zustimmung. Dagegen sein ist „in“ in Deutschland und nur derjenige, der nichts voranbringt, hat in Deutschland keinen Gegenwind. Und wer nichts verändern will, erfährt am ehesten Zustimmung.
Wo kommt aber dieses ganze Unbehagen her?
Es heißt, die Menschen verstehen den Wandel und den Fortschritt nicht mehr, es gehe ihnen zu schnell.
Im Allgemeinen reden viele vom Wandel und wie darauf zu reagieren ist - vom demographischen Wandel, vom Klimawandel. Im Rahmen der Kulturhauptstadt an der Ruhr hieß es „Wandel durch Kultur, Kultur durch Wandel“. Es gibt den wirtschaftlichen Wandel, den technologischen Wandel, den sozialen Wandel, es gibt die Veränderungen von Moral und Anstand. Es gibt vor allem auch den Wertewandel.
Das alles scheint den Menschen eher Angst zu machen. Ausgerechnet heute, wo viele in Deutschland in einem bislang ungekannten Wohlstand und Überfluss leben, in einem Rechtsstaat ohne Kriegsgefahr im eigenen Land und in sozialer Sicherheit und bester Gesundheitsversorgung, findet man fast archaische Ängste vor der Zukunft. Die „gute alte Zeit“ wird beschworen und verklärt. Und man kann nur jeden beglückwünschen, dass er nicht in dieser sogenannten „guten alten Zeit“ leben muss.
Ich glaube fest, dass es keinen Sinn macht, den Wandel aufhalten zu wollen. Es kommt entschieden darauf an, ihn zu erkennen, auszudiskutieren und ihn dann positiv zu begleiten und zu gestalten.
Nun gehen Wandel und Krisen oft einher und sie werfen auch Fragen zur sozialen und wirtschaftlichen Sicherheit und Gerechtigkeit auf. So geht es etwa beim wirtschaftlichen Wandel nicht allein um Stabilität oder Wachstum. Es geht auch um wirtschaftliche Sicherheit, um unbefristete Arbeitsverhältnisse, um Mindesteinkommen und sichere Altersversorgung. Wirtschaft ist kein Selbstzweck, sondern es geht um die Menschen.
Bei der Suche nach einer gerechten Ausgestaltung des Miteinanders, bedarf es eines Kompasses. In unserer Gesellschaft sind das die unantastbare Würde und die Freiheit des Menschen.
Bei allem Wandel geht es daher immer um die zentrale Frage: was fördert den Menschen. Der Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft ist daran zu messen, ob er der Würde und der Freiheit des Menschen und seiner sozialen Sicherheit dient.
Und wer sich die Mühe macht, in die Geschichte zurück zu blicken, kann feststellen, dass es der europäischen Kultur in den zurückliegenden Zeiten immer wieder gelungen ist, den Wandel zu begleiten, und die Lebenssituation und die Lebensqualität der Menschen in allen Bereichen zu verbessern.
Ich glaube, wenn man sich am Menschenbild des Grundgesetzes orientiert und daran die Auswirkungen und Formen des gesellschaftlichen Wandels prüft, wenn man also Menschenwürde, Freiheit und Solidarität zu Grunde legt, braucht man vor dem gesellschaftlichen Wandel keine Angst zu haben und kann ihn unaufgeregt begleiten.
Ich würde sogar noch weiter gehen: Es ist Aufgabe einer verantwortlichen Politik den Wandel zu fördern - und überall dort, wo ein Politiker Zuständigkeit hat, die Gesellschaft für die Zukunft tauglich und wetterfest zu machen. Und es ist die Aufgabe der Politik, die Menschen auf diesen Weg mitzunehmen, vielleicht intensiver und ausführlicher als das in der Vergangenheit üblicherweise praktiziert wurde.
Die Gestaltung der Zukunft ist aber ein Gemeinschaftswerk - man kann es nicht allein der Politik aufbürden. Wer die Mitverantwortung der Zivilgesellschaft einfordert, muss auch bereit sein, die damit verbundenen Anstrengungen zu schultern. Die Bürgerinnen und Bürger wollen mehr Partizipation. Dass derzeit Proteste allerorts zunehmen, lässt den Schluss zu, dass der bislang übliche Instanzenweg, der ja eine Bürgerbeteiligung vorsieht, nicht ausreichend ist.
Der Aufbruch in eine - wie manche sagen - neue Diskussionskultur verlangt auch, dass man die damit einhergehenden Debatten und den Meinungsstreit nicht wenigen besonders Engagierten und Interessierten überlässt. Es entsteht sonst der Eindruck, dass diese kritischen, engagierten Bürger die Interessen aller Bürger vertreten. Das ist aber sehr oft nicht richtig. Entscheidend ist deshalb, dass sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger mit den aktuellen Themen befassen und sich in die Diskussion einbringen. Alle hier im Saal sind dazu nicht nur aufgerufen, sondern auch besonders befähigt und geeignet dafür. Deshalb bitte ich Sie ausdrücklich: Bringen Sie sich ein und lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft unserer Stadt und unserer Region gestalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
lassen Sie mich zu einigen Ingolstädter Themen zurückkehren.
Ich habe vorhin von der Sonderentwicklung gesprochen, die unsere Stadt und unsere Region in Deutschland genommen haben und die wir alle gemeinsam auf den Weg gebracht haben.
Dass die Ingolstädter Wirtschaft, die die Basis unserer kulturellen, sozialen, ökologischen Entwicklung ist, so gut läuft, verdanken wir unseren tüchtigen Unternehmen - allen voran AUDI - und unseren Mittelständlern, aber auch unseren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie einer wirtschaftsfreundlichen Kommunalpolitik. Ich stehe für eine wirtschaftsfreundliche Stadtverwaltung, die Ideen und Initiativen nicht behindert, sondern unterstützt und begleitet. Und die Stadt Ingolstadt setzt durch ihre Investitionen selbst wirtschaftliche Akzente: So planen wir zusammen mit unseren Tochtergesellschaften dieses Jahr Investitionen von rund 150 Millionen Euro.
Lassen Sie mich stichwortartig einige Baustellen in unserem Stadtgebiet ansprechen. Da steht an erster Stelle das Güterverkehrszentrum, in dem in naher Zukunft fast 5000 Menschen arbeiten. Wir haben eine Großbaustelle am Hauptbahnhof. Der Nordbahnhof bekommt ein neues Gesicht. Besonders wichtige Akzente für die Stadtentwicklung werden auf dem Gießereigelände gesetzt mit dem Bau eines Hotels und eines Kongresszentrums sowie der Errichtung eines Seminargebäudes für die Audi-Akademie und der Erweiterung der Hochschule für angewandte Wissenschaften.
Dass wir im Bereich der Museumsplanung erfolgreich unterwegs sind, haben Sie sicherlich der Debatte in den Medien entnommen. Es geht dabei um die Nutzung der Kanonengießereihalle für das Museum für konkrete Kunst und Design, und die Nutzung des Kavalier Dallwigk für das Donau Museum. Aber auch in Sachen Neugestaltung des Medizinhistorischen Museums kommen wir voran, so dass wir in wenigen Jahren auch als Museumsstadt verstärkt wahrgenommen werden.
Eine Vielzahl von Maßnahmen ist darauf gerichtet, die Attraktivität der Altstadt zu steigern, ob es sich nun um das Programm der Altstadtstraßensanierung handelt, die neuen Pläne zur Beleuchtung und Möblierung der Fußgängerzone oder um das Leerstandsmanagement.
Wir führen eine Vielzahl von Projekten aus dem Bereich der Ökologie, des Natur- und Umweltschutzes aus, wie z. B. die Donaudynamisierung zwischen Neuburg und Ingolstadt oder unser Aufforstungsprogramm, das zu einer deutlichen Zunahme unseres Waldbestandes führt.
Wir erleben eine überaus dynamische Entwicklung unseres Klinikums mit immer neuen Zentren und Spezialisierungen im Interesse unserer Patienten.
Und unvermindert steht die Schulpolitik im Fokus der Aufmerksamkeit des Stadtrats und der Öffentlichkeit. Wir haben das Sonderpädagogische Förderzentrum an der Permoser Straße mit der Petrus-Canisius-Schule und der Don-Bosco-Schule im vergangenen Jahr abgeschlossen. Gemeinsam mit dem Landkreis Eichstätt wurde ein neues Gymnasium in Gaimersheim errichtet. Wir sind mit den Erweiterungsbauten am Reuchlin-Gymnasium fertig und schließen gerade den Neubau am Katharinen-Gymnasium ab. Und wir haben viele Grund-, Mittel- und Realschulen saniert und setzen diese Aktivitäten intensiv fort, um unseren Kindern beste Bildungsmöglichkeiten zu bieten.
Auch widmeten wir uns in den vergangenen Jahren sehr intensiv dem Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und werden dies auch in Zukunft tun.
Dass wir hohen Zuzug haben und die Stadt nach wie vor wächst, hat die Tatsache gezeigt, dass wir 2010 den 125.000 Ingolstädter begrüßen konnten. Das spricht für die Attraktivität und die Dynamik dieser Stadt. Deshalb haben wir in einem Sonderprogramm Bauflächen für unsere Familien ausgewiesen. Auch Grundstücke wie das nördliche Pioniergelände, das Ingobräugelände oder das alte Krankenhaus werden zukünftig für hochwertigen Wohnungsbau genutzt. Wir bauen Sozialwohnungen wie kaum eine andere Stadt und nutzen freie Bauflächen in vorhandenen Baugebieten. Es ist durchaus verständlich, wenn angesichts einer solchen Dynamik der eine oder die andere sich um die Identität unserer Stadt sorgt.
Ich komme damit zurück auf die Thematik des Wandels und des damit verbundenen Protestes.
Wenn ich all diese Maßnahmen gerade angesprochen habe, die in unserer Stadt laufen, und es sind bei weitem nicht alle, dann um Ihnen das Bemühen zu zeigen, unsere Stadt für die Zukunft fit zu machen. Es darf in einer Stadt keine Stagnation geben. Das würde in vielen Bereichen zu Rückschritten führen. Deshalb muss auch Verständnis für den Wandel aufgebracht werden. Wir müssen uns aber gleichzeitig auch alle fragen: Was macht die Identität unserer Stadt aus? Und wie können wir sie stärken?
Die Politik ist dann in der Versuchung, so wie ich es eben getan habe, alle großen Projekte und Maßnahmen aufzulisten. Das allein reicht aber nicht. Wichtig ist es mir deshalb zu erläutern, dass wir in Ingolstadt stets daran arbeiten, die Identität unserer Stadt zu bewahren. So haben wir beispielsweise unsere alten Traditionen mit Universität und Militär wieder aufgenommen und zwar mit der Pionierschule sowie der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und der Hochschule für angewandte Wissenschaften. Es gibt weitere Ansatzpunkte, etwa unsere Industriegeschichte, unsere historische Altstadt oder ganz wichtig: die Donau.
Wir sollten alle gemeinsam, nicht nur die Politik, auch die Wirtschaft, auch die Vereine und Verbände deutlich machen, worin wir die Identität unserer Stadt sehen, wie wir sie stärken können und wie wir mit ihr in Zukunft umgehen wollen.
Ich habe bereits vor einem Jahr explizit darauf hingewiesen, dass mir das menschliche Klima in unserer Stadt, der gegenseitige Respekt und ein gewisses Gefühl für den angemessenen Umgang miteinander besonders wichtig sind. Auch das hat mit der Identität unserer Stadt zu tun. In einer Stadt mit vielen Fremden und einem Anteil von über 35 % von Menschen mit Migrationshintergrund ist der Umgang miteinander von herausragender Bedeutung. Deshalb müssen wir gemeinsam darauf achten, dass wir uns dieses spezielle Ingolstädter Klima einer guten Nachbarschaft erhalten.
Daneben wollen wir gemeinsam die Kraft mobilisieren, um allen Bürgerinnen und Bürgern Wohlstand und eine gute Lebensqualität zu ermöglichen.
Wenn vor wenigen Tagen die Wirtschaftswoche unter der Schlagzeile Deutschlands Städte im Test, die 100 größten Städte in Deutschland analysiert und bewertet hat, und Ingolstadt auf Platz zwei landet, dann hat das, was dieser Bewertung zu Grunde liegt, für fast alle Bürgerinnen und Bürger Auswirkungen. Aber wir sind es gewohnt, besonders gut abzuschneiden bei Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum, bei Lehrstellen, innerer Sicherheit und Umweltschutz usw., usw. Interessant ist aber die von der Wirtschaftswoche aufgeworfene Frage, „wo die Deutschen am liebsten leben“...? Richtig, auf Platz eins landet München. Und Ingolstadt? Wie steht es mit unserem Image? Hat unsere Stadt Attraktivität?
Wir landen vor Köln, vor Düsseldorf, vor Heidelberg, Hamburg, Berlin, vor Weimar, Passau und Würzburg auf Platz 11. Sehr, sehr viele Deutsche würden gerne in unserer historischen, dynamischen und erfolgreichen Stadt leben. Und die Ingolstädter? Manche granteln und kritisieren, andere jammern und spotten - aber ganz tief in ihrem Herzen wissen sie alle, was sie an Ingolstadt haben und sie lieben ihr Ingolstadt.
Liebe Gäste,
vielleicht habe ich Ihnen damit den einen oder anderen Anstoß zum Nachdenken über die Zukunft unserer Stadt geliefert.
Auf jeden Fall aber würde ich mich jetzt freuen, wenn wir bei den anschließenden Gesprächen unter vier, sechs oder acht Augen die eine oder andere gute Idee für Ingolstadt erfinden oder debattieren könnten - ein Glas in der Hand und auf Ingolstadt anstoßend.
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Hier der ImageFilm der Stadt Ingolstadt